Die Frau eines Bauern kommt nach einem anstrengenden Tag abends in die Küche und findet eine ungewöhnliche Szene vor. Wie sie ihren Mann und ihre kleine Tochter vorfindet beeindruckt sie so sehr, dass sie ein Foto schießt. Eigentlich zeigt das Bild nichts Besonderes, aber die Geschichte dahinter spricht ein Problem an, das viele Ehen belastet.
„Diesen Schnappschuss habe ich eines abends am Ende eines langen Tages gemacht. Ich war müde. Ich war gereizt. Ich hatte meinem Mann eine Nachricht geschickt, in der ich ihn wissen ließ, dass – auch wenn es keinen Unterschied macht – ich es satt hatte, wie lange er arbeitet und dass ich alles selber erledigen muss. Der Vollzeitjob, Essen kochen, Kinder baden, Wochenendausflüge ohne ihn, den Haushalt führen, all das und mehr – ich hatte genug davon. So einen kleinen Ausraster brauche ich einmal (ok, eigentlich regelmäßig) während der Erntezeit. Dann passierte folgendes. Er kam herein, holte sich einen Teller und setzte sich, um für sich allein zu essen. Er war müde. Ihm war heiß. Er war erschöpft. Anstatt sich zu beschweren, sagte er, es täte ihm Leid, dass ich überlastet sei und so empfände. Charlotte gesellte sich zu ihm und plapperte auf ihn ein und aß sogar das meiste seines Abendessens. Er beschwerte sich nicht. Er teilte, und da wurde es mir schlagartig bewusst. Würde ich mir wünschen, ihn öfter als eine Stunde täglich zu sehen? Ja. Aber die Hingabe für seine Arbeit hat etwas Beneidenswertes. Bauern haben einen undankbaren Beruf. Immer heißt es „genfrei“ dies und „biologisch“ das, ganz zu schweigen von dem Stress, den Mutter Natur macht. Dieser Mann versucht, mit seiner Arbeit 4 Generationen Blut, Schweiß und Tränen fortzuführen, und seinen Kindern den Wert harter Arbeit und Disziplin zu zeigen. Anstelle von Frust hätte ich Dankbarkeit empfinden sollen. Ich hatte in Ruhe zu Abend gegessen und den Geschichten der Kinder lauschen dürfen. Ich hatte sie baden und ihrem Quietschen und Kichern zuhören dürfen. Ich hatte mit ihnen kuscheln und sie herzen dürfen – 3 Stunden länger als er. Er ist derjenige, der Opfer bringt, nicht ich. Wir werden so weiter machen wie bisher, bis zum nächsten Regentag, der uns ein paar zusätzliche Stunden mit unserem Schwerstarbeiter beschert. Bis dahin solltest du, wenn du das nächste Mal in das bequeme Baumwollhemd schlüpfst oder köstliches, frisches Essen vom Bauernhof genießt, den Bauern danken. Wo wären wir ohne sie?“
Auch wenn es nicht immer leicht ist, hat sich diese Frau vorgenommen, mehr Verständnis für ihren Ehemann aufzubringen. Und wer weiß: Vielleicht ist das genau der richtige Weg, um etwas zu verändern. Sich ständig gegenseitig Vorwürfe zu machen, bringt einen schließlich nicht weiter.