Es ist wohl der Alptraum aller Eltern, wenn das eigene Baby kurz nach der Geburt entführt wird. Genau das ist Shanara Mobley und Craig Aiken aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Florida im Jahr 1998 passiert. Die damals 16-Jahre alte Shanara hatte gerade ihre Tochter Kamiyah zur Welt gebracht. Eine Krankenschwester kümmerte sich aufopferungsvoll um das Neugeborene und seine Mutter. Einige Stunden nach der Geburt sagte sie zu Shanara: „Wissen Sie was? Ich glaube, das Baby hat Fieber. Lassen Sie mich das mal prüfen.“
Gutgläubig übergab Shanara ihr Baby der Frau, ohne zu wissen, dass sie es ganze 18 Jahre lang nicht mehr wiedersehen würde.
Wenig später stellte sich heraus: Die Frau war gar keine Krankenschwester, sondern eine Fremde, die in das Krankenhaus eingedrungen war. Jahrelang suchen die Eltern nach ihrer vermissten Kamiyah, doch ohne Erfolg. Von den rund 2.500 Hinweisen, die in 18 Jahren eingegangen waren, führte keiner zur Ergreifung der Entführerin. Das Paar bekam noch drei weitere Kinder, konnte aber selbstverständlich ihre erste Tochter nicht vergessen. Vom Krankenhaus erhielten die Eltern 1,5 Millionen US-Dollar (gut 1,4 Millionen Euro) Entschädigung, doch das war nichts im Vergleich zum emotionalen Schmerz, den sie durchmachten.
Doch 18 Jahre später, als schon niemand mehr damit gerechnet hätte, gingen plötzlich mehrere Hinweise bei der Polizei ein. Diese führten die Beamten nach Walterboro im US-Bundesstaat South Carolina. Dort wurde eine Frau mit gefälschten Ausweisdokumenten aufgegriffen. Das Geburtsdatum stimmte jedoch mit dem der damals entführten Kamiyah überein. Die Ermittler wurden skeptisch und ließen einen DNA-Test durchführen. Dieser war ein Volltreffer: Es handelte sich bei dem Mädchen tatsächlich um die geraubte Tochter.
Schnell fanden die Polizisten heraus, wer die Entführerin war: Es handelte sich dabei um die 51-jährige Gloria Williams. Sie sitzt nun wegen Kindesentführung im Gefängnis. Videoaufnahmen aus dem Gefängnis in Walterboro zeigen, wie schwer es für die erwachsene Kamiyah ist, mit der Situation umzugehen. Sie umarmt weinend Gloria, die für sie 18 Jahre lang eine Mutter war.
Nun liegt es an Kamiyah, mit ihren leiblichen Eltern eine Beziehung aufzubauen. Erste Annäherungen gibt es schon. Kamiyah hat sich bereits mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrer Oma Velma getroffen. „Das erste Treffen war schön, es war wunderbar. Es hätte nicht besser laufen können. Sie war glücklich darüber, uns zu treffen“, erzählt Vater Craig.
Alle wissen jedoch, dass Kamiyah Zeit braucht, um diese plötzlichen Neuigkeiten zu verkraften. Schließlich ist sie gar nicht die Person, die sie bisher zu sein glaubte. Man kann nur hoffen, dass die junge Frau das alles gut wegstecken und die Familie einen Weg finden wird, mit der Entführerin Frieden zu schließen. Schließlich hat Kamiyah eine enge Bindung zu ihr aufgebaut.