Als die Einwohner der Stadt Monkey Bay im afrikanischen Staat Malawi ihren neuen Repräsentanten wählten, fiel ihre Entscheidung auf jemanden, der das nicht ernsthaft erwartet hatte: Theresa Kachindamoto ist zwar eine Nachfahrin früherer Häuptlinge aus der Region um Monkey Bay, aber sie hatte 11 ältere Geschwister und selbst 5 Kinder zu versorgen. Warum sollte dieses verantwortungsvolle Amt gerade ihr zufallen?
Aber die 60 Jahre alte Theresa genießt einen guten Ruf und kann hervorragend mit Menschen umgehen. Man traute ihr die Aufgabe zu und so wurde sie zum Häuptling gewählt – wie man ihr rundheraus mitteilte, hatte sie den Job, „ob sie wollte oder nicht“.
Während sie ihren ersten Rundgang durch das Gebiet machte, für dessen über 900.000 Einwohner sie in Zukunft verantwortlich sein würde, fiel ihr sofort eines auf: das erschreckend junge Alter vieler Mädchen, die in Begleitung eines Ehemanns und mit Kindern unterwegs waren.
Offiziell sind Kinderehen in Malawi bereits seit 2015 verboten, doch in dem sehr armen Staat dennoch nichts Ungewöhnliches – meist ist es die blanke Not, die Eltern dazu bringt, ihre jungen Töchter an einen Mann zu verheiraten. Dort sind sie wenigstens versorgt, auch wenn allzu viele unter ihnen noch minderjährig sind und der Eheschließung rechtlich gar nicht zustimmen können.
Kachindamoto begegnete erst 12-jährigen Mädchen mit Ehemännern und eigenen Kindern. Die Kindheit dieser Mädchen hatte ein frühes und brutales Ende gefunden. Sie wusste sofort, was ihre erste Amtshandlung sein würde: „Ob euch das gefällt oder nicht, ich will, dass diese Ehen annulliert werden.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits seit 27 Jahren für das örtliche College gearbeitet und wusste genau, wie wichtig eine gute Ausbildung gerade für Mädchen ist, um eine Arbeit zu finden, mit der sie sich und ihre Kinder selbst versorgen können, ohne in Abhängigkeit von einem Ehemann leben zu müssen.
Sie ließ also ihren Worten Taten folgen, sorgte dafür, dass 850 Ehen zwischen erwachsenen Männern und minderjährigen Mädchen aufgelöst wurden, und ermöglichte den Mädchen stattdessen den Schulbesuch. Als die Eltern der Mädchen sich gegen diese Entscheidung auflehnten, wusste sie, dass es viel zu lange dauern würde, deren in langen Traditionen gewachsene Einstellung zu ändern. Kachindamoto überzeugte lieber die Häuptlinge der einzelnen Gemeinden, mit ihr zusammen die entsprechenden Gesetze zu ändern. Sie ließ Kinderehen unter allen Umständen verbieten und die bereits bestehenden für ungültig erklären.
Um zu beweisen, wie ernst es ihr damit war, die Gesetze durchzusetzen, musste sie vier ihrer untergebenen Häuptlinge entlassen, in deren Gebieten weiterhin Kinderehen geschlossen wurden.
Man hat Theresa Kachindamoto gewählt, weil man sie für kompetent und weise hielt – und die Wahl hätte auf keine würdigere und entschlossenere Kandidatin fallen können.