Nichts ist für ein Neugeborenes wichtiger als menschliche Wärme. Aus dem Schutz des Mutterleibs entlassen, sucht es sofort nach Nähe und Nahrung. Die kleine Hoai An verbringt ihre ersten Tage auf der Welt jedoch schutzlos und mutterseelenallein – bis sie endlich gefunden wird.
Ein Bauer aus der Provinz Lâm Đồng im Hochland von Vietnam hört eines Tages bei seiner Arbeit im Freien ein bemitleidenswertes Wimmern und folgt dem Geräusch bis zu einem Kaffeebaum. Zwischen den Ästen hängt eine Plastiktüte – und darin liegt ein winziges Neugeborenes. Das Mädchen befindet sich in einem furchtbaren Zustand.
Es ist von der Sonne verbrannt, von Insektenstichen übersät und hat eine Wunde am Kopf. Maden winden sich bereits in ihrer Nase und in den Augenwinkeln.
Der Bauer bringt das kleine Bündel so schnell wie möglich in das nächstgelegene Krankenhaus. Die Ärzte geben dem Säugling aufgrund seines Zustandes zunächst keine allzu große Überlebenschance. Sie vermuten, dass das Kind bereits vor 4 oder 5 Tagen ausgesetzt wurde. Zudem hat sich bedrohlich viel Flüssigkeit in seinem Kopf angesammelt, sodass dieser enorm angeschwollen ist.
Zu diesem Zeitpunkt erfährt Minh Tai von dem Schicksal des Babys. Sie ist Äbtissin eines buddhistischen Klosters, das in der Nähe des Fundorts des Säuglings liegt. Sie hat im Laufe ihres Lebens bereits über hundert Waisenkindern ein Zuhause gegeben, bis diese adoptiert wurden.
Die Geistliche und die Nonnen nehmen sich des Mädchens an und geben ihm schließlich auch seinen Namen „Hoai An“, was auf Vietnamesisch so viel wie „immerwährender Frieden“ bedeutet.
Minh Tai gelingt es, für ihren Schützling innerhalb kürzester Zeit umgerechnet ca. 22.000 Euro an Spenden zu sammeln, um für die medizinischen Kosten aufzukommen. So kann Hoai An in ein Krankenhaus in Singapur verlegt werden, wo sich ein ganzes Ärzteteam um sie kümmert.
Noch ist die Kleine nicht über den Berg; doch die Mediziner sind erfreut darüber, wie schnell sie sich erholt. Auch Pflegemutter Minh Tai ist positiv gestimmt: „Sie schläft besser, hat mehr Appetit und schon 700 Gramm zugenommen. Wir werden Hoai An nicht aufgeben!“
Eine bemerkenswerte Kämpferin ist das Mädchen jetzt schon: Immerhin hat es sich, ausgesetzt und ganz allein, 4 Tage lang mit aller Kraft an sein Leben geklammert. Und jetzt hat die Kleine endlich eine Chance darauf, ihr Leben auch zu leben.