Verlassene Städte und Dörfer sind gespenstisch und schön zugleich – manche möchte man gerne besuchen, anderen wiederum will man nicht einmal am helllichten Tag zu nahe kommen.
Warum gibt es überhaupt solche Geisterstädte? Viele sind ehemalige Bergbausiedlungen, in denen vor allem Minenarbeiter und deren Familien lebten. Wenn die Mine erschöpft war, gab es für niemanden mehr einen Grund, dort wohnen zu bleiben. Andere Orte wurden zum Schauplatz von Naturkatastrophen – und andere wiederum zu Orten schrecklicher Verbrechen.
Was bleibt, sind Ruinen, Gedenkstätten und Legenden. Und es gibt sie auf der ganzen Welt!
1.) Cahaba im US-Bundesstaat Alabama ist eine waschechte Geisterstadt. 1818 gegründet, wurde sie jedoch so oft von den sie umgebenden Flüssen überflutet, dass bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die meisten der verbliebenen Gebäude leerstanden. Heute ist Cahaba im „National Register of Historic Places“ eingetragen und ein beliebter Ausflugspunkt für Touristen.
2.) Prypjat in der ukrainischen Region Kiew liegt etwa 21 Kilometer von der Stadt Tschernobyl entfernt. Als am 26. April 1986 der Reaktorunfall im dortigen Atomkraftwerk traurige Geschichte schrieb, wurde Prypjat erst 36 Stunden nach dem Unglück evakuiert. Der kontaminierte Bereich wird bis heute vom Militär bewacht, nur ganz wenige Menschen leben noch dort.
3.) Bodie liegt östlich von San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien. Im 19. Jahrhundert war dort Gold gefunden worden und die von Glücksrittern gegründete Stadt wurde schnell zur klassischen Westernstadt. Als die Mine erschöpft und der Goldrausch vorbei war, leerte sich Bodie wieder, bis es schließlich ganz verlassen zurückblieb.
4.) Die Bewohner von Oradour-sur-Glane in Frankreich wurden während des 2. Weltkriegs Opfer eines furchtbaren Verbrechens. Am 10. Juni 1944 ermordete die Waffen-SS alle Menschen bis auf 36 Personen, denen die Flucht gelang. Das Dorf wurde völlig zerstört und die Morde gingen als das „Massaker von Oradour“ in die Geschichte ein. Heute dienen die Ruinen als Denkmal für die getöteten Einwohner.
5.) Von der Insel Hashima in Japan aus wurde von 1887 bis 1974 unterseeische Kohle abgebaut. Die Minenarbeiter lebten dort auf dichtem Raum zusammen. Als am 15. Januar 1974 die Schließung der Minen beschlossen wurde, verließen alle Menschen die Insel, die seitdem in gespenstischer Stille verharrt.
6.) Varosia auf Zypern wurde während der türkischen Invasion des Nordteils der Insel am 14. August 1974 vom Militär besetzt. Seitdem ist die geräumte Stadt ein Spielball diplomatischer Auseinandersetzungen, aber bisher nicht wieder besiedelt worden.
7.) Kennicott ist eine Geisterstadt im Wrangell-St.-Elias-Nationalpark in Alaska. Sie war einst das Versorgungszentrum mehrerer Kupferminen. Als im Jahr 1938 nach 27 Jahren des Kupferabbaus die Minen geschlossen wurden, lebte bis Anfang der 1950er Jahre nur noch eine 3-köpfige Familie in der Stadt. Seitdem ist sie menschenleer.
8.) Glenrio liegt an der legendären Route 66, im Grenzbereich der US-Bundesstaaten Texas und New Mexico. Nach der Eröffnung der Ortsumfahrung durch den Interstate Highway 40 im Jahre 1973 fiel schlagartig die Haupteinnahmequelle für die Bewohner weg. Fast alle von ihnen verließen die Stadt, und im Jahre 2000 wurden noch fünf Einwohner gezählt.
9.) Pyramiden ist eine leerstehende Bergarbeitersiedlung auf der Insel Spitzbergen im nördlichsten Norwegen. Von 1921 bis in die 1990er Jahre hinein wurde hier Kohle abgebaut, doch als im Frühling 1998 die letzte Fuhre des schwarzen Goldes die Insel verließ, taten die Bewohner es ihr gleich – bis der Winter kam, war die Siedlung völlig verlassen.
10.) Die Stadt Craco im südlichen Italien wurde zwischen 1959 und 1972 durch zahlreiche Erdrutsche beinahe ganz zerstört. Man erbaute im Tal für die Bewohner die neue Siedlung „Craco Peschiera“ und seit einem Erdbeben im Jahr 1980 hat man das alte Craco ganz aufgegeben.
11.) Bannack im US-Bundesstaat Montana wurde 1862 während desselben Goldrauschs gegründet, der auch Bodie hervorgebracht hat, und auch diese Stadt wurde ebenso schnell wieder verlassen, wie sie aus dem Boden gestampft worden war. Als das Gold versiegte, zogen auch die Menschen fort – was bleibt, ist der Bannack State Park, der zahlreiche Touristen anlockt.
12.) Dhanushkodi am südlichsten Rand des indischen Subkontinents ist auf den letzten Kilometern nur noch über einen Sandweg zu erreichen. Es war einmal der Endpunkt einer Bahnstrecke, bevor es 1964 durch einen Wirbelsturm zerstört wurde. Seitdem stehen dort neben Ruinen nur noch einige Fischerhütten und Gebetsstätten.
13.) Thurmond liegt im Landkreis Fayette County im US-Bundesstaat West Virginia. Die Stadt liegt direkt an einer vielbefahrenen Bahnstrecke und konnte sich während des 19. Jahrhunderts durch all die durchreisenden Besucher lebhaft entwickeln. Doch als 1930 das größte Hotel der Stadt niederbrannte und nur ein Jahr später die örtliche Bank schließen musste, begann der Niedergang Thurmonds. Bis in die 1950er Jahre waren nahezu alle Bewohner fortgezogen und im Jahr 2010 lebten dort nur noch 5 Menschen.
14.) Kolmannskuppe ist eine aufgegebene Siedlung zehn Kilometer östlich der Hafenstadt Lüderitz in Namibia. Sie entstand, nachdem 1908 in der Nähe Diamanten gefunden worden waren, und schnell erwuchs mitten in der kahlen Sandwüste eine florierende Bergbaustadt voller Luxus: Für die etwa 400 Einwohner gab es ein Theater, eine Turnhalle, eine Kegelbahn, eine Schule und ein Schwimmbad. Auf jeden einzelnen Einwohner bezogen, galt Kolmannskuppe als die reichste Stadt Afrikas. Doch als die Diamantvorkommen erschöpft waren und die Mine 1930 schloss, leerte sich die Stadt so schnell, wie sie sich gefüllt hatte – der letzte Bewohner lebte dort noch bis in die 1960er Jahre. Der Wüstensand hat sich Kolmannskuppe zurückgeholt.
15.) Great Blasket Island vor der Westküste Irlands war einmal jahrhundertelang durchgehend bewohnt. Doch als während des 20. Jahrhunderts der Fischfang immer schlechtere Ergebnisse einbrachte und immer mehr jüngere Bewohner auf das Festland abwanderten, vereinsamte die Insel zunehmend. 1953 schließend wurden die letzten 22 Einwohner evakuiert, die Ruinen der Häuser stehen seitdem leer und sind ein beliebtes Ausflugsziel.
Geisterstädte tragen ihren Namen zu Recht: Schön und oft auch etwas unheimlich. Fast kann man den Wind hören, der um ihre leeren Mauern weht.