Charlotte und Attila Szakacs heirateten im Jahr 2015 und wünschten sich daraufhin nichts sehnlicher, als ihr neu gewonnenes Glück mit der Geburt ihres ersten gemeinsamen Kindes zu komplettieren. Am 29. April 2016 war es so weit: Ein Tag vor Charlottes 21. Geburtstag erfuhr das Ehepaar, dass ihre Bemühungen erfolgreich waren und dass sie bald stolze Eltern einer kleinen Tochter werden würden.
Die überglücklichen Eltern wollten ihrem Kind den Namen Evlyn geben. Die Vorfreude auf das neue Familienmitlgied kannte keine Grenzen, und zur Zufriedenheit aller verlief die Schwangerschaft völlig normal und ohne jegliche Komplikationen – bis zur 20. Schwangerschaftswoche …
Ein Scan im September 2016 enthüllte die schreckliche Diagnose, wonach Evlyns Aorta verkrümmt war und sich ihr Gehirn nicht entwickelte. Die Ursache für diese Fehlbildungen schockierte das junge Paar zutiefst.
Die Ärzte fanden heraus, dass Evlyn unter einem äußerst seltenen Gendefekt litt, bei der zwei Chromosomen die Position miteinander tauschen können, wodurch entweder Chromosomen fehlen oder sich zusätzliche bilden.
Um die Gesundheit des Kindes und der Mutter zu überwachen, musste sich Charlotte von nun an alle zwei Wochen scannen lassen. In der 37. Schwangerschaftswoche verschlechterte sich die Lage allerdings so sehr, dass sich die Ärzte gezwungen sahen zu handeln.
Das Blut floß nicht mehr in die Plazenta, weswegen Evlyn am 13. Dezember 2016 per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden musste. Nach der Entbindung wurde das Frühchen unverzüglich an eine Beatmungsmaschine angeschlossen. Die ersten sieben Stunden nach der Geburt durfte Charlotte ihr neugeborenes Baby nicht einmal sehen und die darauffolgenden drei Tage nicht in den Arm nehmen.
„Eine so lange Zeit nicht in der Lage zu sein, sie zu halten, war wirklich schwierig, und selbst wenn wir sie halten durften, musste die Krankenschwester sie hochheben und uns reichen, sodass ich mich nie wie eine echte Mutter fühlen konnte“, erinnert sich Charlotte an diese schreckliche Zeit, die vorerst kein Ende finden sollte.
Evlyns Gehirn war, wie befürchtet, unterentwickelt. Aufgrund der verengten Atemwege konnte sie nicht selbstständig atmen, weswegen auch die lebensrettende Herzoperation nicht durchgeführt werden konnte.
Doch selbst wenn sie überleben würde, hätte sie laut den Ärzten ein Leben lang Probleme mit dem Sehen, Hören und Sprechen sowie mentale und körperliche Beeinträchtigungen. Aber noch waren die Eltern nicht bereit, loszulassen.
„Nach der Geburt rieten uns die Ärzte zu der Überlegung, sie in ein Hospiz zu verlegen, aber ich war noch nicht bereit und wollte nicht glauben, was sie sagten“, erzählt Charlotte. Aber in den darauffolgenden Wochen verschlechterte sich Evlyns Zustand zusehends und die Eltern wussten: Entweder hätten sie zusehen können, wie ihre Tochter, umgeben von all den Geräten und Maschinen, in einem Krankenhaus stirbt, oder sie hätten ihr einen friedvollen Abschied in einem ruhigen Hospiz gewähren können.
Die Entscheidung fiel nicht leicht, aber am 10. Januar dieses Jahres wurde Evlyn in ein Hospiz verlegt. „Eine Stunde bevor die Beatmungsmaschine abgeschaltet wurde, durften wir sie zum ersten Mal richtig halten und in den Arm nehmen.“ Nur wenige Augenblicke nach der Abschaltung verstarb Evlyn vier Wochen nach ihrer Geburt, ohne jemals selbstständig einen Atemzug getätigt zu haben.
Aber auch nach dem Tod ihrer Tochter eröffnete sich den Eltern eine Möglichkeit, Zeit mit ihr zu verbringen und wenigstens ein bisschen als Familie zusammenzuwachsen.
Denn das Ehepaar Szakacs profitierte von einem Kühlsystem für Kinderbetten, das speziell für den Zweck entwickelt wurde, verstorbene Neugeborene eine gewisse Zeit lang zu konservieren, damit die Eltern vor der Beisetzung ausreichend Abschied nehmen können. So konnten Charlotte und Attila mit ihrer verstorbenen Tochter zwölf Tage im Hospiz verbringen und sie vier Tage vor der Beerdigung sogar mit nachhause nehmen. Es war ihnen zum Beispiel möglich, mit ihr für wenige Minuten am Tag im Park spazieren zu fahren. Diese Möglichkeit half dem jungen Paar ungemein bei der Trauerbewältigung.
Die ungewöhnliche Geschichte kannst du hier im Video (auf Englisch) anschauen:
Charlotte weiß, dass diese Form der Trauerbewältigung nicht für jeden geeignet sein muss. Aber nachdem sie auf diese Weise fast zwei Wochen mit ihrer verstorbenen Tochter verbringen konnte, stellte sie fest, dass nur wenige von dieser Option wissen, aber dass viele Eltern, die viel zu früh von ihrem Baby Abschied nehmen mussten, gerne davon Gebrauch gemacht hätten. Charlotte möchte nun verstärkt auf diese Möglichkeit aufmerksam machen.