Ismael Batista, ein Junge aus Samambaia, einer Verwaltungseinheit in der Nähe der brasilianischen Hauptstadt, hatte keine schöne Kindheit. Er musste schon in jungen Jahren ein schicksalhaftes Ereignis verarbeiten. Jedoch arbeitete er sich schließlich aus der aussichtslos scheinenden Misere zum Erfolg hoch.
Im Alter von kaum acht Jahren starb Batistas Vater durch die Hände von Drogenhändlern. Er hatte sich darüber beschwert, dass an der Ecke nahe seiner Hütte Marihuana geraucht wurde, und musste mit seinem Leben dafür bezahlen.
Nach dem Tod seines Vaters lief Batista aus Verzweiflung von zu Hause weg und lebte im relativ nahegelegenen Hauptstadtflughafen „Juscelino Kubitschek“.
Fast ein Jahr lang schlief er in einem Kofferschließfach im Flughafen und verdiente als Gepäckhilfe wenigstens so viel, dass er sich davon etwas zu essen und wärmende Decken kaufen konnte. Eine junge Angestellte namens Andréa Carvalho begann sich um den Jungen zu kümmern.
„Wir wurden Freunde. Manchmal kaufte ich für uns beide Frühstück und wenn ich kein Geld hatte, kaufte sie für uns Frühstück und sogar Mittagessen“, erklärt Ismael. Auch nahm sie ihn mit nach Hause, damit er dort duschen konnte.
Andréas Mutter entdeckte bald die freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden und entschloss sich dann dazu, Ismael zu adoptieren. Die Bedingung war jedoch, dass seine biologische Mutter einwilligte.
Deswegen besuchte Ismael seine Mutter, um ihr die Sache zu erklären. „Ich war zu Tode erschrocken, weil ich weiß, wie sie ist“, sagte er. „Ich war immerhin sieben bis acht Monate nicht zuhause.“
Er erinnert sich noch genau an den Moment des Wiedersehens: „Als sie mich sah, rann ihr eine Träne über die Wange. Sie begann zu weinen und flüsterte mir ins Ohr: ‚Mein Sohn, du lebst!'“
Als Ismael dann über die Adoption sprach, lehnte sie zunächst ab. Erst nach mehreren Tagen änderte sie ihre Meinung, weil ihr klar wurde, dass dies ihrem Sohn viele Chancen eröffnen würde.
„Bis zum heutigen Tag haben sie ein gutes Verhältnis. Meine Mutter respektiert meine Adoptivmutter sehr und ist sehr dankbar. Jedoch haben die beiden keinen Kontakt und stehen sich sonst recht gleichgültig gegenüber“, meint Ismael.
Nach der Adoption kam er in eine Schule und begann, lesen zu lernen. Auch diese Zeit war nicht leicht für ihn.
„Ich ging auf eine Schule, in der ich der einzige Schwarze war. Ich musste anderthalb Jahre aufholen und war der Älteste in der Klasse. Ich musste viele Vorurteile ertragen, vonseiten der Lehrer und sogar der Freunde. Das zeigte sich bereits, wenn jemand nur deshalb nicht mit dir spielen will, weil du schwarz bist“, sagt Ismael.
Doch der ehemalige Straßenjunge ließ sich nicht beirren und biss sich durch. Im Alter von zweiundzwanzig Jahren bestand er seine erste Prüfung im öffentlichen Dienst bei der brasilianischen Staatsbank „Banco de Brasília“.
Es folgten vier weitere Staatsprüfungen und mittlerweile hat es der nun 33-Jährige zum Polizeichef gebracht.
„Du machst Prüfungen über Prüfungen und sammelst dabei sehr viel Wissen an“, erklärt Ismael. „Ich bin kein besonders intelligenter Mensch, aber ich arbeite viel. Und wenn ich eine Sache zehnmal lesen muss, am Ende habe ich sie wie ein Genie gelernt.“
Ismaels Ausdauer hat gezeigt, dass man immer das Beste aus schwierigen Situationen machen kann. Trotz seiner bescheidenen Herkunft und seiner tragischen Kindheit hat er sich einen wichtigen Platz in der Gesellschaft erarbeitet.