Wer keine Kinder haben möchte, muss sich oft rechtfertigen. Menschen, die das nicht verstehen, stellen gerne die persönlichsten und unangenehmsten Fragen, um den Grund für einen fehlenden Kinderwunsch zu identifizieren.
Bezeichnenderweise ist solchen Fragestellern kein Grund jemals gut genug und ein einfaches „Ich will nicht“ wird schlicht nicht ernst genommen. Ein fehlender Kinderwunsch gilt als der ultimative Egoismus.
Doch wenn Paare, die bereits als „anders“ wahrgenommen werden, sich Kinder wünschen und auch welche bekommen, dann verschiebt sich die Sicht darauf, was selbstlos und was selbstsüchtig sein soll, überraschend schnell.
Eltern mit Down-Syndrom
Als Patti White aus dem US-Bundesstaat Kalifornien vor über 20 Jahren von ihrer Tochter Lisa die Nachricht bekam, dass ein Enkelkind auf dem Weg sei, war sie überrascht, stand aber völlig hinter ihrer Tochter und ihrer Entscheidung. Das war und ist nicht selbstverständlich, denn Lisa lebt mit dem Down-Syndrom, genauso wie der Vater ihres Kindes.
Das Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, ist eine angeborene und erbliche Chromosomen-Störung, die sich in variierenden Graden von körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen zeigt. Viele Menschen mit Trisomie 21 können für sich selbst sorgen, Jobs ausüben und ein eigenständiges Leben führen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen mit Down-Syndrom miteinander ein Kind haben können, ist jedoch sehr viel geringer als bei anderen Paaren. Auch die Schwangerschaft verläuft für Eltern mit Down-Syndrom deutlich gefährlicher. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind zweier Eltern mit Down-Syndrom ebenfalls Trisomie 21 haben wird, ist dagegen deutlich höher als bei anderen Paaren.
Lisa und ihr Freund begannen ihre Beziehung, als Lisa 29 Jahre alt war, allein lebte und ihren Alltag komplett eigenständig meistern konnte. Lisas Sohn Nic kam 4 Wochen zu früh auf die Welt und hatte wie seine Eltern Trisomie 21.
Inzwischen ist viel Zeit ins Land gegangen. Lisa ist 54 und Nic 24 Jahre alt, der junge Mann wurde von Lisa und Patti großgezogen und sagt von sich, dass er mit ihnen zwei Mütter habe. Er genießt sein Leben und sowohl seine Mutter als auch seine Großmutter könnten nicht stolzer auf ihn sein.
Keine gute Mutter?
Lisas Entscheidung, das Kind zu bekommen, wurde von Außenstehenden als unverantwortlich und selbstsüchtig kritisiert, ihre Fähigkeit, eine gute Mutter zu sein, wurde grundsätzlich infrage gestellt. Auch die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ein Leben mit Down-Syndrom führen würde, wurde Lisa vorgeworfen, als wüsste sie nicht selbst am besten, was das bedeutet.
Doch ein Kind zu bekommen, ist immer ein Risiko für alle Beteiligten. Sich ein Kind zu wünschen, ist immer eine persönliche Sehnsucht und damit in sich egoistisch motiviert. Aber wer ein Recht darauf hat, diesen Lebenswunsch zu verwirklichen und wer nicht – das zu entscheiden, liegt niemals bei Unbeteiligten.
Wer Lisa, Nic und Patti zusammen sieht, der weiß, dass sie ganz sicher die richtige Entscheidung getroffen haben.
Quelle: fabiosa
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