Man hat das Kinderzimmer bereits eingerichtet und auch der Name des Babys steht schon lange fest. Wie geht man jedoch damit um, wenn in der Schwangerschaft nicht alles so läuft wie geplant? Zwei Amerikanerinnen erlebten den Horror aller Eltern und wurden dadurch fürs Leben miteinander verbunden.
Als Jenny und Hal Rogers erfuhren, dass sie ein Baby bekommen würden, waren sie aufgeregt und freuten sich auf das gemeinsame Kind. Bis zur 25. Schwangerschaftswoche verlief alles normal und Jenny fühlte sich mit dem heranwachsenden Baby im Bauch sehr wohl. Bei einer Routineuntersuchung stellte ihr Gynäkologe jedoch etwas Schreckliches fest.
Ihre Tochter, die sie bereits auf den Namen Everly getauft hatten, litt unter einer sogenannten intrauterinen Wachstumsretardierung. Dabei handelt es sich um eine vorgeburtliche Störung, die das Wachstum und die Entwicklung des Embryos erheblich einschränkt.
Die Ärzte erklärten dem schockierten Ehepaar, dass die Kleine wahrscheinlich zu früh zur Welt kommen würde, da sie sich im Mutterleib nicht ausreichend entwickeln könne. Man könne jedoch nur etwas für sie tun, wenn sie bei der Geburt über 500 Gramm wöge. Für Jenny und Hal begann eine schwere Zeit des Hoffens und Bangens. In der 31. Schwangerschaftswoche wurde ihre Tochter schließlich per Kaiserschnitt zur Welt gebracht.
Wie durch ein Wunder wog die kleine Everly 570 Gramm, sodass die Ärzte ihre Lunge mit einem Beatmungsgerät unterstützen konnten. Jenny, die bereit war, eine Mama zu sein, pumpte auf Anraten der Ärzte in den Tagen nach der Geburt immer wieder Milch für ihre Tochter ab. Wenn sie stabil genug war, war Muttermilch das Beste, was man Everly geben könne, erklärten ihr die Pfleger. Leider sollte Jenny nie die Chance bekommen, ihrer Tochter die Flasche zu geben.
Es gelang den Medizinern zwar, das winzige Mädchen immer wieder zu stabilisieren, aber sechs Tage nach ihrer Geburt war Everly einfach zu schwach, um weiterzukämpfen. Die Ärzte wussten, dass die Kleine den Tag nicht überstehen würde, und riefen ihre Eltern ins Krankenhaus. Als Jenny und ihr Mann Everlys Zimmer betraten, erhöhte sich der Puls ihrer Tochter und sie atmete schneller. Sie spürte die Anwesenheit ihrer Eltern und so konnten sie sich von ihrer kleinen Prinzessin verabschieden.
Als das Ehepaar Everly beerdigen musste, wussten die beiden Trauernden noch nicht, dass am anderen Ende der Stadt ein anderes Mädchen auch mit dem Tod rang. Die junge Mutter, Dianne, hatte einen Monat vor Jenny ihre Tochter Merrytt zur Welt gebracht und kämpfte nun um das Leben der Kleinen.
Ihr Baby war mit dem Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus infiziert, das besonders für Säuglinge gefährlich ist, da eine erschwerte Atmung auch das Trinkverhalten der Kleinen beeinflusst. Zu allem Überfluss lieferte die Milch aus Diannes Brüsten nicht genügend Nährstoffe, um Merrytts Körper bei der Heilung zu unterstützen. „Ich fühlte mich nutzlos und ohnmächtig in dieser Situation, weil mein Körper mich im Stich ließ und ich nichts tun konnte“, erzählt Dianne von der schrecklichen Lage. Der Zufall sollte jedoch Diannes Gebete erhören, die sie jeden Abend gen Himmel schickte.
Denn Jenny stand auch nach dem Tod ihrer Kleinen noch in engem Kontakt mit ihrer Hebamme. Diese erzählte ihr von Diannes Problem mit der Muttermilch und davon, dass ihre Tochter ohne Hilfe nicht überleben würde. Jenny hatte über 2 Liter Milch für ihr eigenes Baby abgepumpt und konnte den Gedanken nicht ertragen, dass diese im Müll landen würde.
Als Jennys Hebamme ihr den Vorschlag machte, die Milch an Dianne zu spenden und so deren Tochter zu retten, war Jenny sofort einverstanden. Sie wollte nicht, dass diese unbekannte Frau denselben Verlust und Schmerz spürte, den sie und ihr Mann gerade durchlebten.
Nachdem der erste Kontakt zwischen den beiden Müttern zustande gekommen war, übergab Jenny ihre Muttermilch an die verzweifelte Dianne. Das erste Treffen der beiden Frauen war zudem der Beginn einer engen Freundschaft. „Ich habe die kleine Merrytt getroffen und durfte ihr sogar die Flasche mit meiner eigenen Milch drin geben.“
Tatsächlich hilft Jennys Milch der Kleinen und schon einige Tage später verbessert sich ihr Zustand. Dianne und Jenny sind über diese positive Entwicklung gleichermaßen erleichtert. „Sie aufwachsen zu sehen, ist etwas ganz Besonderes. Es gibt mir das Gefühl, trotz des Verlusts meiner Tochter noch eine Aufgabe zu haben“, erklärt Jenny ihre Glücksgefühle. Natürlich hat Jenny noch Tag für Tag mit dem Tod ihrer Tochter zu kämpfen, jedoch hilft ihr der Gedanke, dass sie zu Merrytts Genesung beigetragen hat, dabei, mit ihrem Verlust besser umzugehen.
Dianne ist Jenny so dankbar für ihre Hilfe. „Mein Mann und ich nennen Everly Merryts Schutzengel“, erklärt Dianne. So wie Jenny Diannes Tochter half, hilft Dianne Jenny jetzt als Freundin bei der Verarbeitung des traumatischen Erlebnisses, ein Kind zu verlieren.